Reisetagebuch

15 Kiribati - Gilbert Inseln bis Februar 2013

Bei meist angenehmen Winde geht die Fahrt von Tuvalu weiter nach Norden bis Kiribati zur Hauptinsel Tarawa. Am 03.01.2013 fällt morgens der Anker vor dem Hauptort Bairiki-Betio zum Einklarieren. Die Karte der Strecke sieht man auf Bild 1 und der Weltkarte.

Kiribati gliedert sich in die früheren Gilbert-, Phönix- und Line-Inseln. Auf einer gigantischen Meeresoberfläche von 3,5 Mio km2 verlieren sich die 33 Inseln von gerade mal 800 km2 Landfläche. (Französisch-Polynesien hat 4.200 km2 Landfläche bei viel weniger Meeresfläche).

Waren wir die ganze Zeit in Polynesien, beginnt hier Mikronesien. Das Atoll Tarawa ist ein schmaler Landstreifen zwischen Ozean und Lagune. Wasser erhält man fast nur von gesammeltem Regenwasser für die circa 100.000 Menschen, wovon die meisten auf Tarawa leben. Diese Hauptinsel zählt ebenfalls zu den dicht besiedelsten Gebiete der Welt. Die Hauptnahrungsquelle stammt in dieser vegetationsarmen Gegend aus dem Meer. Einziges Exportgut ist Kopra, und auch hier gibt es eine deutsche Seemannsschule wie in Tuvalu, deren Abschluß einen Job auf einem Schiff verspricht.

Die wichtigste Einnahmequelle ist der Verkauf von Fischereilizenzen in dieser riesigen Meeresfläche. Statt diese Lizenzen gewinnbringender zu versteigern, verkauft man sie preiswert direkt, so dass das Mehr wohl unauffälliger in dunkle Kassen fließen kann. Wie eben in vielen Länder. Wie sagte mir hier einer der Begünstigten lächelnd: "Das ist eben alte Tradition".

Sonst sind die Probleme der Hauptinsel die gleichen wie in Tuvalu-Funafuti (Bericht 14). Die Lagune von Tarawa sieht auf den ersten Blick schön mit blauem Wasser aus, aber es ist gefährlich zu baden, da alle Abwässer hier hineingeleitet werden. Die neue Klinik besteht fast nur aus Hilfskräfte mit wenig echten Ärzte. Diese arbeiten (meist Meetings) zum Großteil in der total überbesetzten Verwaltung. Also auch hier nur Basis-Behandlung.

Zwei Bekannte aus Deutschland, im Beginn 3. Semester Medizin-Studium, die hier zwei Monate Praktikum machten, bekamen gleich auf ihr Namensschild den Doktor davor geschrieben. Da macht es dann wohl auch keinen großen Unterschied, dass es in den Phönix- und Line-Inseln, bis zu 6.000 km entfernt von Tarawa, weder Ärzte noch Zahnärzte gibt. Wie auf all den Inseln lautet das Motto: Bist du krank, fliege schnell nach Australien, Asien oder USA, falls mal ein Flieger geht und du das Geld dazu hast. Meist ist alles Gottes Wille.

Daher hat uns auch nichts lange da gehalten. Sobald ich nach der Probearbeit meine Lizenz zur Zahnbehandlung bekam und die Genehmigung zum Besuch der Außen-Atolle, setzten wir Segel zum nicht so weit entfernten Abajang Atoll.

Hier gleich wieder eine andere, traditionelle saubere Welt mit netten freundlichen Menschen, die sich über meine zahnärztliche Hilfe sehr freuten. Mit Kleinmotorrad bereisten wir die Insel, bestaunten riesige Dächer mit Pandanuss eingedeckt und von Korallen Blöcke getragen. Auch hier gab es ein großes Fest zum 99. Jahrestag der Maneapa im kunstvollen Gemeindehaus. Jede der 80 Familien brachte dazu 4 Gerichte zum Essen mit. Über 300 verschiedene Gerichte, Ansprachen, Tänze und Aufführungen wechselten sich ab. Neben einigen Regierungsvertreternwaren nur wir und die von mir mitgebrachten einzigen Yachtnachbarn auswärtige Gäste. Ich wurde voll ins Programm mit einbezogen.

So verging die Zeit wie im Flug, Dinge am Schiff wurden gewartet und repariert, bis wir dann am 22. Januar zum nördlichen Atoll Butaritari ausliefen. Die Anmeldung vor Ort beim jungen Polizei-Fürsten in poppiger Sonnenbrille war schon etwas skuril, da einem zuerst eine Litanei erzählt wurde, für was er einen alles in sein Gefängnis einsperrt. Die Polizei-Tür war mit Handschellen verschlossen. Angefangen mit Tätigkeiten auf der Insel. Als er meine zahnärtliche Zulassung für sein Land sah, wusste er nicht, was er dazu noch sagen sollte, auch dass diese Arbeit mit Material kostenlos sei, brachte ihn komplett aus seinem Konzept. Ein Grinsen konnte ich mir über seinen verzweifelten Gesichtsausdruck nicht ersparen.

Da die Insel etwas höher war (4 m an höchster Stelle), wuchs hier doch so manches an Gemüse und Obst. Die Häuser alle im traditionellen Stil erbaut, Menschen, die noch nach alten Riten leben, Stress ein Fremdwort. Wir bekommen von alten Zeiten berichtet und von mutigen Kriegern, von denen jede Insel ein oder zwei hatte.

Kriege wurden hier anders geführt als wir sie kennen. Kamen Eroberer an ein Atoll, kämpfte auf jeder Seite nur einer. Der Gewinner hatte Anspruch auf einen Teil des Ertrags der Insel z.B in Form von Kokosnüssen, Fisch und Taro. Der Gewinner durfte sich auch einen Teil der Frauen mitnehmen. Hat man dann die andere Insel besucht, um die Waren abzuliefern, war man Gast, es gab ein Fest, man konnte sich von denen als Gastgeschenk einige Frauen aussuchen. So gab es immer einen Austausch der Frauen, was durch die Blutdurchmischung das Innzuchtproblem auf den kleinen Atollen verhinderte.

Tode gab es normalerweise bei den Kriegen keine. Geht man über die Inseln oder am Strand entlang, findet man nun die Überreste anderer Kriegsführung aus den beiden letzten Weltkriegen zwischen Japan und USA.

Auch hier war Mariposas Zahnklinik wieder ein Highlight, das es vorher auf dem Atoll noch nie gab. Hier wären wir gerne länger geblieben, aber für die Atolle bekommt man nur begrenzte Aufenthaltsgenehmigungen, damit das Flair und die Traditionen der Inseln nicht zu sehr gestört werden. Zum Ausklarieren mussten wir zurück nach Tarawa, um dann drei Tage später wieder hier vorbei zu segeln in Richtung Marshall Inseln. .

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