Ende Juni nahmen wir Abschied über Ua Pou in Begleitung einer netten, jungen Familie aus Nuka Hiva, dem Hauptort der Marquesas Inseln. Er war Koch, rund um die Welt. Ihre Spezialität ist alles, was süß ist. Jetzt haben sie eine kleine Konditorei, die einzige auf der Insel. Mit ihren beiden Kids starteten sie mit uns zu den Tuamotus, dem Herzen der Südsee, wo sie auch schon 2 Jahre gelebt hatten. Von ihnen lernte ich viel von der Polynesischen Küche. Die Überfahrt dauerte 3 Tage. Der erste Regen seit 4 Monaten. Da das Wetter sich änderte, musste ich umdisponieren, da das Atoll Makemo keinen Schutz aus SE bietet, und so liefen wir in weiteren18 h um Mitternacht das Atoll Fakarava an.
Will man in die Lagune, muss man in allen Atollen durch einen schmalen Pass einlaufen zwischen unzähligen Korallenköpfen. Durch Ebbe und Flut herrscht dann in diesen Pässen oft starke Strömung bis zu 10 Kn, also fast 20 km/h, mit extremen Wellen, das Wasser kocht da auf einer Strecke. Dann wartet man, bis es sich etwas beruhigt hat, oft Stunden, bevor die Strömung von der anderen Seite wieder einsetzt. Die Tide ist meist mit der Strömung zeitlich versetzt, wofür es keine Richtwerte gibt. Jedes Atoll hat so seinen eigenen Rhythmus. In der Lagune angekommen, heißt es Augen auf hoch oben vom Mast, um den Weg durch Riffe und Korallen zu finden. Hier gibt es keine Berge mehr, nur noch die Saumriffe, mit denen sich darauf flach gebildeten Inselchen, den Motus.
Bis noch vor kurzem wurden die Tuamotus aufgrund der Riffe, Untiefen, die in keiner Karte verzeichnet sind, und starken Strömungen von den Seefahrern gefürchtet und gemieden. Sie hatten den Namen „The dangerous islands“ . Dank GPS, besseren Karten, auch verblüffend gute elektronische Karten, sehr guter Betonnung ist es heute zumindest auf den Hauptatollen viel einfacher geworden, einige Versicherungen schließen dieses Gebiet aus, Charteryachten dürfen hierher nur mit Skipper. Die Schiffe, die die Riffe schmücken, auch Kon Tiki bestätigen dies.
Die Tuamotus sind einige der wenigen absoluten Landschaften, die ich je bereist habe. Nein, hier gibt es kein Interconti, keine Hotelshows in Baströckchen, der Supermarkt des Chinesen ist gerade mal 8 x 8 m groß, kein Kino, kaum eine Bar, MC Donalds sucht man vergebens. Boutiquen noch ein Fremdwort. Wo der Bäcker ist, erkennt man daran, dass Menschen mit Brot in der Hand entgegenkommen. Diese Atolle sind ganz flach, maximal 3 m hoch, die tollsten Strände der Welt, Palmen soweit das Auge reicht, das Wasser in allen Pastellfarben, die Menschen nett, hilfsbereit und freundlich, die Unterwasserwelt gigantisch. Besonders in den Pässen, da springt man vom Boot außen vor dem Pass, taucht schnell auf 30 m ab und lässt sich mit der Strömung in die Lagune driften. Nicht umsonst zählt dies hier zu den schönsten Tauchgründe weltweit. Hier halten sich dann die schönsten Großfische auf, Zackenbarsche, 100erte alle zwischen 1 und 2 m, Napoleonfische bunt wie ein Papagei über 1 m lang, große Mantarochen mit 3 m Spannweite gleiten an einem vorbei, Weißspitz- Schwarzspitz und Riff Haie, alle so zwischen 1,5 und 3 m, zwischen dem Haigetümmel auch mal ein 4 m Tigerhai, dem alle gleich Platz machen. Sie schwimmen friedlich umher, nehmen aber kaum Notiz von uns, selbst wenn sie auf 1 m herankommen. Inzwischen vergleiche ich sie mit Hunden bei uns auf der Strasse. Nur weil die da sind, bleiben wir nicht zuhause. Kommt einem doch mal ein wild gewordener freilaufender Kampfhund entgegen, kann es gefährlich werden. Genau so ist es mit den Haien, nur glaube ich inzwischen da seltener. Wir sind normal nicht ihr Beuteschema. Zumindest nicht in dieser Gegend. Jährlich sterben etwa weltweit 20 Menschen an Haiangriffen, 3000 durch herunterfallende Kokosnüsse, 8000 durch Hunde, 1 Million im Verkehr und 6 Millionen durch Mücken (Moskitos, Malaria, Denguefieber...). Ich glaube, dass ich mir wegen den Kokosnüssen eher ein Bein breche, da ich immer hoch zu den Nüssen schaue, um einen Bogen herum zu machen.
Oft sitzen wir am Strand in knietiefem Wasser und kleine 1 m Haie kommen bis an die Zehen geschwommen, begutachten diese und schwimmen weiter. Wie ein Hund, der mal kurz an Dir schnuppert. Heute finde ich sie nett, was ich vor einiger Zeit noch nicht behaupten konnte. Da ist die Angst ,die wir aus Filmen kennen.
Ja, was ist anders als vor 30 Jahren?
Die Landschaft ist gleich, die Gebäude haben sich verändert, da das ein Teil von Frankreichs ehemaligen Kolonien ist, und nun mehr oder weniger zu Frankreich gehört, buttert nun, bedingt auch durch die Entschädigung für die Atomversuche auf den südlichen Tuamotus vor 30 Jahren, Frankreich viel Geld in diese Gegend. Selbst die kleinen Inseln und Atolle haben Strassen, Häuser werden oft zum Spottpreis zur Verfügung gestellt. 40% der Bevölkerung ist Staatsangestellt und erhält von Frankreich gutes Gehalt, viele erhalten Sozialhilfe, vieles wird subventioniert z.B. Cobra (Kokosnuss) für Tierfutter und Medizin. Viele haben ein neueres Allradfahrzeug vor der Tür. Die kleinsten Wege werden mit Auto gemacht. Sonntags zum Gottesdienst, mit tollen Gesängen in der Ursprache, ist es vom Parkplatz zur Kirche oft weiter als von zuhause. Das neue Statussymbol, wofür oft über 70% des Einkommens ausgegeben wird. Damit haben auch Cola und Chips sowie Alkohol leider Einzug gehalten. Selbst auf den kleineren Atolle mit 30 Fahrzeugen gibt es fast jährlich tödliche Auto und Fahrrad Unfälle wegen Alkohol.
Die netten Mädels von früher. Wegen deren Schönheit hat es schon vor über 200 Jahren die Meuterei auf der Bounti gegeben. Heute sehen sie mit 16 meist noch ganz schnuckelig aus, viele streben mit 22 Jahren so die 80 kg und mit 30 J dann zwischen 90 und 150 kg an. Ne!
Die Zivilisation hat da kräftig zugeschlagen. Nach der Kirche geht man zum kleinen Chinesen Laden, holt sich ne 2 l Cola Flasche, die Mega Box Chips und hat das bis zum Lunch 1 std später verdrückt. Wen wundert es da, dass die meisten hier Diabetes haben? In Tahiti lebt man trotz Fastfood mehr Figurbetont.
Viele Chinesen leben hier in French Polynesien. Vor langer Zeit kamen sie als Feldarbeiter, heute steuern sie den Großteil der Wirtschaft und Politik.
Auf dem kleinen Atoll Toau, lebt nur eine Familie von Fischfang, Perlen und 4 kleinen süßen Hütten, die sie an Taucher zeitweise vermieten. Hier ist es noch ganz ursprünglich. Alle 3 Monate kommt ein kleiner Frachter, der Lebensmittel bringt. Morgens helfe ich auf der Perlenfarm, nachmittags geht es fischen und abends auf Langustenjagd. Dann wird gemeinsam gekocht. Es stehen auch wieder einige Zahnbehandlungen auf dem Plan, der nächste Zahnarzt ist 400 km entfernt in Papeete. In der ganzen Gegend ist Mariposa schon bekannt, auch unter Yachtis, mit der schwimmenden kleinen Zahnklinik. Alles nur als humanitäre erste Hilfe.
Von da geht es zum Nachbaratoll Apataki, wo es eine kleine Werft gibt, die auch Catamarane heben kann. Leider ist meiner zu groß. Alle sehr nett und hilfsbereit, abends wird ein ganzes Lamm gegrillt.
Ende Juli von hier dann nach Tahiti, gerade mal 24 h segeln. Wetterbericht sagt ESE 6 bis 8 also ein schöner Halbwindkurs. Mit gut gerefftem Groß und kleinem Voregel geht es los, vor dem Dunkelwerden geht es in wilder Fahrt durch den betonnten Pass, passieren gegen Mitternacht Atoll Kaukura in ausreichendem Abstand, die Wellen werden höher, wir machen so 10 bis 14 kn Fahrt.
Ich sitze gerade am Navigationstisch, als ich ein Rauschen höre. Eine achterliche Welle hat von der Seite das Cockpit gefüllt, das erste Mal, und es ergoss sich alles in den Innenraum mit offener Schiebetür, und von da links und rechts in die Rümpfe. Die Lenzpumpen hatten gut zu tun, alles Verstaute an Lebensmittel von Nudeln, Mehl, Reis, Zucker, Salz …. schwamm. Mitternacht kamen wir dann erst in Papeete/Tahiti an. Die kommenden Tage reinigten wir alles vom Salzwasser. Vieles musste entsorgt werden. Es standen auch viele Reparaturen auf dem Plan wie Wassermacher, Volvo Antrieb, Tiefkühler und Kühlschrank, Radarbefestigung, neue Solarzellen, zusätzlicher Windgenerator usw.
Zwischendurch schauten wir uns auch die Insel an mit dem 2240 m hohen Orohena, Tauchen am Riff, besuchen die Hauptstadt Papeete von ganz French Polynesien mit nur 26.000 Einwohner von den 170.000 der ganzen Insel. Der Strassenverkehr ist der mit einer Großstadt in Europa vergleichbar. Da kommt nur bedingt Südseestimmung auf.
Da Volvo binnen einer Woche die Teile haben wollte, planten wir entsprechend. Nach 2 Wochen erfuhren wir, dass diese oft gebrauchten Teile nicht im Lager in Belgien waren. So gingen wir es erst mal zur Nachbarinsel Moorea, erkundeten diese mit ihren bizarren Bergen, schnorchelten mit Haien und Rochen, genossen die Ruhe nach dem hektischen Tahiti, weiter nach Huahine, machten wieder eine Fahrradtour, aber wegen Sonntag waren alle Kneipen und Vanillefarmen geschlossen.
Die Catamarane Vagabund, Vela, Renegade und Taimada, letztere seit Wochen ohne Mast, kannten wir alle schon länger, treffen wir da auch. Hier merkt man schon den Einflussbereich von der Nachbarinsel Raiatea mit ihrer großen Charterbasis, da doch schon mehr Yachten unterwegs sind. Über Raiatea geht es nach Tahaa, abends mit großer Grillparty. Wetter schlägt um, seit langem mal heftiger Regen. Dann noch den kurzen Trip nach Bora Bora, wohl dem bekanntesten Atoll mit einer traumhaft schönen großen Lagune, wo auf dem Ringriff sich ein Hotel nach dem andere anreiht. Alles einstöckig mit Überwasserbungalow. Aber was ist los? 80% ist geschlossen. Es fehlt an Touristen. Langer teurer Flug und hohe Preise. Eine Nacht mit Frühstück ab 600 bis 2000 €. Ja, French Polynesien ist teuer. Schon der Flug von Frankfurt über LA oder Asien dauert 26 bis 35 std und kostet nicht unter 1500 €. Im europäischen Winter, hier Sommer, ist hier Regen und Hurican Zeit. Caribic hat dann Saison. Im europ Sommer gibt es Nahziele am Mittelmeer.
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